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Blick über den Tellerrand: Grafikdesign in Japan


März 2020

Japan: Ein Land der Gegensätze und Überraschungen. Und ein Land, zu dem ich persönlich eine besondere Beziehung habe. Denn ich selbst bin halb Japaner und hatte daher schon mehrfach die Gelegenheit, dorthin zu reisen.

Besonders in Erinnerung geblieben ist mir Tokio. Die Stadt steckt voller Kontraste – genauso wie die Kunst, die Mode und das Grafikdesign, die hier ihren Ursprung haben. Hier kommt es durchaus vor, dass man durch die Strassen geht, und auf einmal vor lauter Lichtreklamen nicht mehr weiss, wo man hinschauen soll. Man wird geradezu von Reizen überflutet und muss sich bewusst Zeit nehmen, all diese Eindrücke wirken zu lassen. Nur wenige Schritte weiter findet man sich in einem traditionellen japanischen Park wieder, wo es ruhiger und friedlicher kaum sein könnte.

Werbung ist in der japanischen Hauptstadt omnipräsent. An einer einzelnen Fassade findet man wahrscheinlich mehr auffällige Werbebotschaften, als man während einer mehrstündigen Fahrt durch die Schweiz erblickt. Es herrscht ein konstantes Wetteifern um Aufmerksamkeit, das hier geradezu in einem visuellen Schlachtfeld endet.

Die Schlussfolgerung, dass das japanische Grafikdesign mehr auf Quantität als auf Qualität setzt, ist naheliegend. Wer jedoch genauer hinschaut, erkennt, dass viel mehr dahinter steckt. Japan blickt nämlich auf eine lange, spannende Geschichte im Bereich des Grafikdesigns zurück. Da viele Geschichts- oder Fachbücher nie ins Englische übersetzt wurden, geriet diese interessante Vergangenheit jedoch beinahe in Vergessenheit. Nach dem Weltkrieg, als das Land zu einer grossen Industriemacht heranwuchs, entwickelte sich das Grafikdesign zu einem wichtigen, äusserst angesehenen Beruf. Der europäische Konstruktivismus und das westliche Design übten beide einen wichtigen Einfluss auf das japanische Design aus und wurden mit der traditionellen japanischen Kunsttheorie in Einklang gebracht.

Zum Beispiel: Die japanische Tradition der Familienwappen inspirierte die Herangehensweise vieler japanischer Designer an das Markendesign. Zudem waren symmetrische Kompositionen, zentrale Platzierungen ikonischer Formen, harmonische Farbpaletten und sorgfältige Handwerkskunst – alles ausdrucksstarke Merkmale der japanischen Kunst – häufig Elemente japanischer Grafiken. Der bekannte Grafiker Shigeo Fukuda liess sich spannenderweise vom minimalistischem Swiss Style inspirieren. Keines seiner Gestaltungselemente ist zufällig – hinter jedem steckt eine ganz bestimmte Überlegung.

Trotz der vielfältigen Einflüsse in der Nachkriegszeit konnte der japanische Stil seine Eigenständigkeit und Einzigartigkeit bewahren. Auch heute, wenn ich mir Werbung und Kunst in Japan anschaue, erkenne ich im Vergleich zur Schweiz einen klaren Unterschied in der Anwendung von Farben und in der Formensprache. Vergleichbar mit französischen Comics und japanischen Mangas, bei denen der Unterschied noch offensichtlicher ist.

Meine persönlichen Favoriten im japanischen Grafikdesign? Das sind zweifellos Kenya Hara und Tadanori Yokoo. Ihr Stil könnte unterschiedlicher nicht sein, jedoch bringen sie beide die Ästhetik Japans auf kontrastreiche, faszinierende Weise auf den Punkt. Das ist für mich Japan!

Der Grafikdesigner Kenya Hara, geboren 1958, ist der Inbegriff des japanischen Minimalismus. 1992 gründete er das renommierte Hara Design Institute, das im gesamten Designbereich von Werbung über Branding, Ausstellungsdesign, Ikonografie, Verpackungen, Produkte und Bücher tätig ist. Seit 2002 ist er Art Director beim Label MUJI. Die Essenz seines Designs beschreibt Kenya Hara folgendermassen: Es zeigt die Bedeutung jeder Realität durch symbolische visuelle Lösungen, die ihren Ursprung in der traditionellen japanischen Kultur haben. Der Grafikdesigner veröffentlichte zudem zahlreiche Bücher, die sich mit dem Konzept der «Leere» in Bezug auf japanisches Design und Philosophie befassen.

Im Gegensatz zu den formalistischen Tendenzen, die das Schaffen von Kenya Hara prägen, stützt sich beispielsweise Tadanori Yokoo (geboren 1936) auf ganz andere Inspirationsquellen. Zum Beispiel das Stadtviertel Harajuku in Tokio. Beeinflusst vom Surrealismus, der amerikanischen Pop-Art, der zeitgenössischen japanischen Kultur und den Ukiyo-e-Drucken, brachten Yokoos komplizierte Werke eine neue Vision in das Nachkriegsjapan. Seine Karriere begann er als Bühnenbildner für das Theater, die ersten Plakatentwürfe des Künstlers kamen Mitte der 1960er Jahre heraus und erlangten kurz darauf internationale Anerkennung. Sein Freund, der Schriftsteller Yuko Mishima, schrieb in 1968 «Tadanori Yokoo’s works reveal all of the unbearable things which we Japanese have inside ourselves and they make people angry and frightened. (…) things which are in us but which we do not want to see.»

Fünf japanische Grafikdesigner im direkten Vergleich. Trotz grosser Unterschiede erkennt man einen roten Faden in zahlreichen Stil-Elementen. Besonderes spannend: Elemente wie der Farbverlauf, der im Jahr 2020 als Trend gilt, wurde in Japan schon bei der Gestaltung mit Holzschnitten bewusst als grafisches Element eingesetzt. In der Typografie lassen sich die Designer viel Spielraum und vermischen meist das lateinische und das japanische Alphabet. Aufgrund der grossen Vielfalt an japanischen Schriftzeichen in Kanji, Hiragana und Katakana gibt es nur sehr wenige einheitliche Fonts, was die Designer dazu zwingt, ihre eigenen Schriften zu entwickeln. Ein zentraler Faktor, der noch mehr Einzigartigkeit in das japanische Grafikdesign bringt.

Dyan Shirai, Lernender Grafik bei STUIQ (im 3. Lehrjahr), ist Sohn einer Schweizerin und eines Japaners. Er verbrachte die ersten beiden Jahre seines Lebens in Japan und war auch seitdem mehrfach dort.

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